Rathaussturm
Der teuflische „Turmbau zu Kirchheim“

Die Kloster-Deifel übernehmen die Macht in Kirchheim und erklären den Oberbürgermeister bis Aschermittwoch für abgesetzt. Der windet sich aus der Anklage allerdings geschickt heraus.

Die Kloster-Deifel setzen zum Sturmlauf gegen das Kirchheimer Rathaus an.     Foto: Tobias Tropper : : Deifel nehmen das Rathaus ein

Ein Kinderspiel war der Kirchheimer Rathaussturm am „Schmotziga Doschdig“ – für alle Beteiligten, erst recht aber für die beiden „Hauptdarsteller“: Holger Böhm, der Zunftmeister der Kloster-Deifel, spielte gemeinsam mit Oberbürgermeister Pascal Bader „Jenga“. Auf fünf Spielsteinen klebten die Anklagepunkte, für die sich der Rathauschef auf offener Straße verantworten musste. Allerdings war es das Publikum, das ihn pantomimisch ins Thema einführte. Spielende: „Wer den Turm zum Einsturz bringt, muss den anderen auf einen Schnaps einladen.“

Alle fünf Anklagepunkte zog der Oberbürgermeister – womit er sich die Suppe also in jeder Hinsicht selbst eingebrockt hatte. Beim „Auslöffeln“ zeigte er sich aber so wortgewandt, dass er sich fast jedes Mal gut herauswinden konnte. Das begann schon vor dem „Jenga“-Spiel, und zwar beim Vorwurf, er habe die Zunftmeister beim Umzug am Sonntag in Zivil empfangen: „Ich war als Oberbürgermeischter verkleidet, des habt ihr bloß net erkannt!“

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„Versprochen“ – aber was?

Ehrenhalber bekam er das T-Shirt der Kloster-Deifel überreicht. Auch da zog er den Hals raffiniert aus der Schlinge: „Wehe, du trägsch des net“, lautete Holger Böhms Drohung, und Pascal Bader parierte mit „Versprochen“. Unklar blieb dabei, was er genau versprochen hatte – es künftig zu tragen oder es nicht zu tragen. Das wird sicher Gegenstand weiterer umfangreicher Verhandlungen in den kommenden Jahren sein.

Das Rathausteam - mit Verkleidung, die auf den Bauernkrieg verweist - wehrt sich erbittert gegen die närrischen Eindringlinge.     Foto: Tobias Tropper

Die einzelnen Anklagepunkte betrafen zunächst die Blitzersäulen. Pascal Bader bezeichnete es als „fair, wenn künftig alle von allen Seiten geblitzt werden können“. Zum Verputzen des Wachthauses sprach er von der „großen Seele“, die insbesondere alte Häuser hätten. Ohne Putz stehe ein Haus nackt da: „Das ist kalt und peinlich.“ Sehr schlagfertig war die Begründung, warum im Sommer die Straßenlaternen in Kirchheim auch mitten am Tag brannten: „Man muss ja jederzeit mit einer Sonnenfinsternis rechnen.“

Das „überdachte Freibad“ wird dagegen ein schwierigerer Fall: „Ich dachte, wir hätten schon bald ein Hallenbad, aber jetzt haben wir das Dach der Gießnauhalle in Nabern doch hinbekommen. Es ist dicht, da kommt kein Wasser mehr rein.“ Bei den Prozentzahlen, um die das Mensaessen für Kinder erhöht wird, nannte der Oberbürgermeister die 50 Prozent und mehr, bei denen der Anteil der Stadt an den Gesamtkosten liegt.

Das Geld, um sich freizukaufen, hatte der Oberbürgermeister im Rathaus vergessen, ganz im Sinne der Haushaltskonsolidierung. Dafür aber bekam er vom Zunftmeister die elf Paragrafen der Fasnetszeit überreicht – „zum Auswendiglernen“. Paragraf 6 lautet: „An Gasthäusern darf nicht vorbeigegangen werden.“ Pascal Bader hielt sich brav daran – und nahm den direkten Weg zurück zum Rathaus, ohne dabei an einem Wirtshaus vorbeizugehen.

Es hilft alles nichts: Oberbürgermeister Pascal Bader wird vor das Narrengericht gezerrt.     Foto: Tobias Tropper