Neidlingen. Wer in Neidlingen durch die Gottlieb-Stoll-Straße fährt, überquert sehr viele marode Stellen im Belag, sogar ein großes Straßenschild weist auf die Asphaltschäden hin. Doch die Straße ist nicht nur an der Oberfläche heruntergekommen, sondern auch darunter. Teils sind die Leitungen nicht mehr dicht und Wasser läuft dorthin, wo es nicht soll. Das darf auch zum Schutz des Neidlinger Grundwassers nicht sein. Nur eine neue Schicht Asphalt würde also nicht langfristig helfen, die Gemeinde muss in den tiefen Untergrund gehen.
Das hängt damit zusammen, wie die finanziell klammen Neidlinger vor vielen Jahrzehnten diese Straße erbaut haben – immer wieder stückchenweise ein paar Meter, soweit das Geld eben gereicht hatte. Dabei wurde nicht ganz so sauber und perfekt gebaut, wie es eine einzige Großbaustelle am Stück erlaubt hätte. Das rächt sich jetzt. Schon einmal, das ist auch schon wieder lange her, wurde im Gemeinderat eine grundlegende Sanierung der Straße diskutiert, sie wurde damals auf 800.000 Mark geschätzt und verworfen. In der Folge kam es immer wieder zu teuren Reparaturen. Wer immer nur notdürftig flickt, zahlt am Ende in der Summe mehr als bei einem großen Wurf, der dann Jahrzehnte hält – so das überzeugende Argument im Gemeinderat, nun endlich die grundlegende Instandsetzung anzugehen.
Ein Ingenieurbüro aus Dettingen hat die Straße untersucht und dem Gemeinderat im Juli nichtöffentlich die Ergebnisse vorgestellt. Inzwischen liegt die Kostenschätzung für die Sanierung vor: Sie liegt bei 3,24 Millionen Euro. Würde es irgendwann einmal wieder billiger? Wahrscheinlich nein, befanden die Gemeinderäte, denn normalerweise kennen Baupreise nur eine Richtung: nach oben. Eine Delle nach unten, also eine Entspannung beim dauernden Preisanstieg, sei die klare Ausnahme. Der Grundsatzbeschluss, die Sanierung der Gottlieb-Stoll-Straße jetzt anzugehen, fiel einstimmig.
Sie soll nacheinander in drei Bauabschnitten erfolgen, die getrennt nach Abschnitt ausgeschrieben werden. Mit den Bauarbeiten begonnen werden soll an der Erkenbergstraße. Das Ingenieurbüro strebt den Baubeginn Ende März 2025 an. Insgesamt wird die Dauer aller drei Bauabschnitte auf zweieinhalb Jahre geschätzt, Ende wäre also erst im Herbst 2027. Im Februar 2025 plant die Gemeindeverwaltung eine Informationsveranstaltung für die Anwohner.
Das Problem bei einer solchen Baumaßnahme, sagt Bürgermeister Jürgen Ebler, sei, dass man von den teuren Arbeiten im Untergrund später nichts sehe. Bürger könnten sich fragen, wo denn die Gemeinde das ganze Geld verbuddelt habe. Doch er kennt auch die Folgen des Nichtstuns: Bei der Reparatur eines Rohrbruchs in der Schloßstraße traten beim Aufgraben auf wenigen Metern ganze vier mit Rohrschellen geflickte Stellen zutage. Die Gemeinde wechselte dann wenigstens auf einem Abschnitt das gesamte Rohr aus.
Eine gute Nachricht für die teure Sanierungsmaßnahme gibt es. Von der neu zu gestaltenden Fläche, sie ist insgesamt 3500 Quadratmeter groß, liegen 2771 Quadratmeter im Sanierungsgebiet „Ortskern II“. Für jeden Quadratmeter innerhalb des Sanierungsgebiets kann die Gemeinde Neidlingen vom Land Baden-Württemberg bis zu 150 Euro Finanzhilfe abrufen. Das wären in der Summe immerhin bis zu 415.650 Euro.