Der Aufwand für die Vorstellung der vier Kandidaten für die Neidlinger Bürgermeisterwahl am 5. Dezember war groß: Es gab Eintrittskarten für die Reußensteinhalle, jeder Kandidat wurde mit einem Funkmikrofon versehen, die Aufzeichnung wird auf die Homepage der Gemeinde gestellt. Zur Kandidatenvorstellung (zwei Stunden und 44 Minuten) gelangt man über www.neidlingen.de oder direkt über https://vimeo.com/650313667. 20 Minuten hätte jeder sprechen dürfen, keiner kostete die Maximalzeit aus. Bürgermeister Klaus Däschler wünschte jedem der Kandidaten „das nötige Quentchen Glück“: „Ich weiß, wovon ich spreche, vor acht Jahren stand ich selbst hier.“
Die Reihenfolge richtete sich nach dem Bewerbungseingang, so machte Robert Böhnel den Anfang. Aus seinen 14 Jahren als Bürgermeister in Mulfingen hat er viel vorzuweisen, vom Breitbandausbau bis zur Sanierung der Ortsdurchfahrt, dem Bau von drei Kindergärten und dem Ausbau der Schule. Er präsentierte sich als „ein Mensch, dem es wichtig ist, andere an den Tisch zu holen“. Seine berufliche Laufbahn verlief zielstrebig: Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt, zusätzlich ein Studium der Wirtschaftswissenschaften bis zum Vordiplom, Ordnungsamtsleiter, Hauptamtsleiter. „2008 habe ich mein Berufsziel Bürgermeister erreicht.“ Die erste Nachfrage eines Zuhörers lag auf der Hand: Warum will er von einer 3 700-Seelen-Gemeinde ins halb so große Neidlingen wechseln? „Ich habe vor zwei Jahren eine Neidlingerin nicht nur kennen, sondern auch lieben gelernt. Nun will ich die beiden Familien mit Kindern zusammenbringen.“
Auch Maximilian Sigel aus Kirchheim hat Erfahrungen mit kleinen Gemeinden: Er wuchs in Schlattstall auf. „Dort wo kaum die Sonne scheint“, sagte der mit 28 Jahren jüngste Kandidat. Er arbeitet seit 2016 bei Porsche in der Qualitätsprüfung. „Da ist kein Tag wie der Tag davor, vermutlich wie im Beruf des Bürgermeisters.“
Muss man für diese Aufgabe ein echter Verwaltungsmensch sein? Nein, beantwortete er seine eigene Frage. „Es hilft zwar, aber man kann alles lernen.“ Er habe keine Berührungsängste, wolle für jeden da sein. Veränderungen seien gut, betonte er, aber mit Bedacht: Es sei auch gut, dass Dinge, die sich seit 30 Jahren bewähren, Bestand haben. Er unterstrich wie alle Kandidaten das „Wir“ und möchte mit den Bürgern „gemeinsam schauen, was wir wollen“. Er schloss schon nach acht Minuten: „Zuviel reden ist manchmal nicht gut.“
Peter Geiß ist in Weilheim aufgewachsen, wohnt seit 22 Jahren mit seiner Ehefrau und drei Kindern in Neidlingen. „Ich fühle mich hier richtig verwurzelt.“ Er gelte als zuverlässig und bodenständig, gab er das Urteil anderer wieder. Nach seiner Ausbildung zum Feinblechner arbeitete er einige Zeit als Maurer, bildete sich dann zum staatlich geprüften Maschinenbautechniker weiter. Nur gemeinsam mit einem eingespielten Rathausteam, Gemeinderat und Bauhof lasse sich etwas bewegen, betonte er. „Die Messlatte, die Klaus Däschler gelegt hat, ist sehr hoch.“ Dessen Arbeit wolle er weiterführen, etwa bei der Ortskernsanierung. Er will sich aber nicht auf die Ortsdurchfahrt beschränken, sondern auch die anderen Ortsstraßen sanieren. Manchmal seien es die kleinen Ideen, die für Verbesserungen sorgten: Könne ein Gemeinschaftsgärtner auf dem Neidlinger Friedhof die Grabpflege erleichtern?
„Die Gemeinde Neidlingen hat sehr viel Potential“, sagte Jürgen Ebler aus Hülben. Die Gemeinde sei so bodenständig wie er selbst. Auch er kann zupacken, ist oft am Wochenende mit dem Schwiegervater im Wald zum Holzmachen. Beruflich arbeitet er als Polizeihauptkommissar im Polizeipräsidium Reutlingen. „Ich habe sehr umfassende Verwaltungserfahrung. Aufgabenschwerpunkte waren die Projektkoordination, Steuerung und Budgetverwaltung.“ Auch er sprach sich für Kontinuität aus: „Wir müssen den Weg für Neidlingen nicht neu erfinden, denn er ist bereits weitblickend und klug angelegt.“ Für Kritik eines Zuhörers sorgte Jürgen Eblers Absicht, vorerst in Hülben wohnen zu bleiben. Seine Familie mit drei Kindern sei dort in einem sozialen Netz, das er nicht ohne Not zerstören wolle, begründete er diese Entscheidung. „Langfristig werden wir sehen, aber mit Sinn und Verstand.“