Abgewählt wurde in Neidlingen niemand. Jeder der fünf aus dem Gemeinderat Ausgeschiedenen hatte nicht mehr kandidiert, etwa aus Altergründen oder wegen eines Wegzugs. Mit Ulrich Zaiser verlässt ein gewissenhafter Vollblutgemeinderat mit fundierten Kenntnissen in vielen Bereichen das Gremium, dem er 20 Jahre lang angehörte. Nach 15 Jahren scheidet Matthias Klein aus, den Bürgermeister Jürgen Ebler gleichfalls als „Gemeinderat durch und durch“ beschrieb. Sein Fachwissen erstreckt sich nicht nur auf Holz und Forstwirtschaft, sondern geht weit darüber hinaus. Ebenfalls 15 Jahre war Roland Kuch Gemeinderat, auch er brachte seine fachliche Expertise beständig in mehrere Ausschüsse ein. Benjamin Hepperle geht dem Gremium durch Wegzug bereits nach fünf Jahren verloren, Ebler dankte dem jungen „pragmatischen und praktischen Denker“ für seinen Einsatz. Dass Benedikt Gläß, der ebenfalls nach fünf Jahren ausscheidet, stets bestens vorbereitet in die Sitzungen kam, war dem Bürgermeister aufgefallen, er wird ihn vermissen. Alle Ausscheider wurden mit einer Urkunde des Gemeindetags geehrt, für Ulrich Zaiser gab es nach 20 Jahren zusätzlich eine Stele.
80 Jahre Erfahrung
Im Gremium verbleiben dennoch mehr als 80 Jahre Erfahrung. Am längsten gehört ihm Uli Hepperle an, der Schreinermeister wurde für seine 30-jährige Mitarbeit geehrt. Maurermeister Hans Hepperle ist seit 20 Jahren dabei, Vermessungsingenieur Norbert Vögele seit zehn Jahren. Die zehn Jahre gelten auch für die Bankfachwirtin Daniela Ruoß und den IT-Referenten Christoph Heilemann.
Auch die Architektin Petra Feller bringt Erfahrung als Gemeinderätin mit: Sie hatte sich nach einer Pause erneut zur Wahl gestellt und kehrte ins Gremium zurück. Neben ihr zogen der Entwicklungsingenieur Christian Gienger, der Polizeibeamte Ben Grimm, der Anlagenmechaniker Marwin Klein und der Bauleiter Sebastian Stolz neu in den Gemeinderat ein.
In seinem Dank an die Ausscheider bekannte sich Bürgermeister Ebler zur „gelebten Demokratie“, mit allem, was dazugehört – auch hitzige Debatten und blutdrucksteigernde Diskussionen. Oft habe sich nach vielschichtiger Betrachtung einer Angelegenheit und der Meinungsbildung mit dem Volk eine Überzeugung gefestigt, die wohl die überzeugendste und cleverste war. „Manches Mal war man erst im Nachhinein gscheider, wie man so schön sagt.“
Anderswo ärgert sich das Volk, weil das, was nach der Wahl an Posten ausgekungelt wird, so gar nichts mit dem ursprünglichen Wählerwillen zu tun hat. Die Wahl der stellvertretenden Bürgermeister in Neidlingen spiegelt diesen Wählerwillen hingegen sehr gut wider: Daniela Ruoß, Stimmenkönigin bei der Wählervereinigung unabhängiger Bürger (WuB), wurde vom Gremium einstimmig als Erste stellvertretende Bürgermeisterin bestätigt. Christoph Heilemann, Stimmenkönig bei der Neidlinger Wählervereinigung (NWV) und insgesamt nach Hans Hepperle Drittplatzierter, bleibt ebenso einstimmig Zweiter stellvertretender Bürgermeister.
Normalerweise gibt es in einer konstituierenden Sitzung noch keine Beratungen und Beschlüsse. Weil es aber eilte, vergab das Gremium einstimmig weitere Handwerkerleistungen für das „Betreute Wohnen Neidlingen“. Außerdem informierte das Planungsbüro infra-teck über die grundlegende Sanierung der Gottlieb-Stoll-Straße. Dort sind in den Jahren 2025/2026 umfassende Arbeiten geplant, von der Herstellung eines Nahwärmenetzes bis zur neuen Straßenbeleuchtung. Bisher sind die Gehwege und Oberflächen teils ein kunterbuntes Sammelsurium, dies soll einheitlicher werden.
Vor dem Begrüßungs- und Verabschiedungsgrillen vor dem Rathaus gab es noch einen unvermeidlichen nichtöffentlichen Teil der Sitzung – dringende Aufgaben gehen eben vor.