Der Terminkalender von Ministerpräsident Winfried Kretschmannn ist voll. Doch den Festakt „75 Jahre Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU)“ wollte er sich nicht entgehen lassen, pflegt er doch eine besondere Beziehung zur Hochschule in seinem Wahlkreis. „Da konnte ich nicht wegbleiben“, sagte Kretschmann, der bei der Veranstaltung die Festrede hielt. Die beiden Bausteine Wirtschaft und Umwelt sind dem grünen Ministerpräsidenten schließlich ein wichtiges Anliegen. Gelte es doch, „einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen und gleichzeitig Wohlstand für morgen zu schaffen“, wie es Kretschmann formulierte.
600 geladene Gäste waren in die Nürtinger Stadthalle K3N gekommen, darunter viele aktuelle und ehemalige Würdenträger. Genau am 15. November vor 75 Jahren hatte die Höhere Landbauschule, die später zur HfWU wurde, ihre Arbeit aufgenommen. Heute ist die Hochschule nicht nur in Nürtingen, sondern auch in Geislingen beheimatet. Hariolf Teufel, Vorsitzender des Hochschulrats der HfWU, sprach von einer „Erfolgsgeschichte“ und einer Hochschule, an der Studierende „praxisnah vorbereitet“ werden und die spannende und zum Teil ganz besondere Studiengänge hat. Eine „unglaubliche Entwicklung“ attestierte auch OB Johannes Fridrich der Einrichtung, zu der die Stadt mittlerweile „eine Standleitung“ habe. Man kooperiere bei zahlreichen Anlässen. Fridrich hatte noch eine Überraschung parat. So soll, wenn der Gemeinderat zustimmt, eine Straße im Neubaugebiet Braike nach dem einstigen Rektor Eduard Mändle benannt werden, der von 1977 bis 2001 im Amt war.
Innovationskraft fördern
Kretschmann hob in seiner Rede ausdrücklich die Bedeutung der Hochschulen für angewandte Wissenschaften hervor. Dass sich die HfWU auch besonders dem Thema Nachhaltigkeit verpflichtet fühle, freue ihn ganz besonders. Das Thema nachhaltige Mobilität skizzierte Kretschmann ebenfalls in seiner Rede. Die Automobilwirtschaft im Lande stehe unter einem enormen Druck. Es gelte Innovationskraft und Erfindergeist zu fördern: „Wir brauchen eine gute Umgebung für kluge und kreative Kräfte, wie sie hier an der HfWU geschaffen wird“, sagte Kretschmann. Die Einrichtung sei ein Paradebeispiel dafür, wie gut dem Land Hochschulen für angewandte Wissenschaften tun. Immer wieder hat das Land auch finanziell die Entwicklung der HfWU unterstützt. Als Ministerpräsident und zugleich Abgeordneter im Wahlkreis Nürtingen habe er das natürlich nicht so ohne weiteres offensiv unterstützen können. „Dann musste man halt so viel in den Fördertopf reinschaufeln, damit auch die Hochschule im Wahlkreis zum Zuge kommt“, plauderte er aus dem Nähkästchen.
Besondere Festschrift
Rektor Frey hatte sich die Geschichte der HfWU vorgenommen. In den ersten 50 Jahren habe man um den Erhalt kämpfen müssen, in den vergangenen 25 Jahren sei es um den Ausbau und die Weiterentwicklung gegangen. „Aus einst 43 Studierenden ist heute eine moderne und attraktive Hochschule mit mehr als 5000 Studierenden geworden“, resümierte der Rektor. Es zeige, was in 75 Jahren alles erreicht werden kann. „Ohne die Studierenden wäre die Hochschule natürlich nicht das, was sie heute ist“, sagte Frey. Diese Wertschätzung des Rektors spiegelt sich auch in der Festschrift wider. Sind doch dort 35 Porträts von Absolventinnen und Absolventen enthalten, welche die Vielfalt des Studienangebots zeigen. Explizit erwähnte Frey auch die Integration der einstigen Hochschule für Kunsttherapie im Jahr 2016: „Das ist ein Gewinn für alle Beteiligten und bereichert die HfWU.“
Doch nicht nur Rückschau wurde gehalten, sondern auch der Blick nach vorne gerichtet. HfWU-Honorarprofessor Rainer Nübel führte nicht nur durch den Abend, sondern moderierte auch eine Podiumsdiskussion zum Thema, welche Fähigkeiten Studierende in der Zukunft brauchen und wie Hochschulen diese vermitteln können. Nadine Speidel, geschäftsführende Gesellschafterin der Global Flow GmbH, nannte Fachkompetenz, aber auch einen „persönlichen Werkzeugkoffer“, der einen befähigt, Probleme zu lösen.
Der HfWU-Hochschulchor steuerte einige Lieder zum Festakt bei. Ganz zum Schluss riefen die Sängerinnen und Sänger unter tosendem Applaus dazu auf, nicht sprachlos, sondern laut sein. Durchaus laut ging es dann später am Abend im Foyer zu. Schließlich bieten 75 Jahre HfWU eine Menge Gesprächsstoff.