Nürtingen. Sie hängen in der Luft. 25 Studierende der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) können nach derzeitigem Stand der Dinge ihr in einigen Wochen beginnendes Auslandsjahr in den USA nicht antreten. „Ich habe noch einen Funken Zuversicht. Es kann noch klappen“, sagt die Leiterin des Internationalen Büros der HfWU, Jutta Schnell. Sie ergänzt: „Die Situation ist aber sehr schwierig.“ Das Problem: Weder die amerikanische Botschaft noch die Konsulate vergeben gerade neue Visa-Interviewtermine. US-Außenminister Marco Rubio soll in einem Schreiben Botschaften und Konsulate angewiesen haben, vorerst keine neuen Termine für entsprechende Visa-Anträge zu vergeben.
Ohne die amtliche Bescheinigung können die Studierenden aber nicht in die USA einreisen. Ganz aktuell hat Schnell eine Nachricht der amerikanischen Botschaft in Berlin bekommen. Der Tenor: Man bitte um Geduld und zeige sich zuversichtlich, bald wieder Termine anbieten zu können.
Doch den Studierenden läuft die Zeit davon. Eine Entscheidung muss bis spätestens Ende Juli fallen: „Wenn sich bis dahin nichts verändert, müssen wir absagen. Dann ist es nach menschlichem Ermessen nicht zu schaffen“, sagt Schnell.
Vorbereitungen für die Katz‘?
Insgesamt wollen im kommenden Semester 38 Studierende der HfWU an Partneruniversitäten an der Ost- oder Westküste studieren. 13 haben ihr Visum schon oder sind mitten im Verfahren. Diese sollen nach derzeitigem Stand nicht gestoppt werden. „Die anderen 25 haben aber nichts falsch gemacht. Sie hätten eigentlich noch genügend Zeit gehabt“, sagt HfWU-Sprecher Gerhard Schmücker. Schließlich dauere es oft, bis die Zulassung der Partneruniversität vorliege, erst dann könne auch das Visum beantragt werden, ergänzt er.
Besonders bitter ist das zum Beispiel für Studienende des Studiengangs International Finance. Für sie ist ein Auslandsjahr verpflichtend. Dieses ist im dritten oder vierten Semester vorgesehen. „Schon im ersten Semester legen die Studierenden ihre Wünsche fest“, erzählt Schnell. Für ein Teil-Studium in den USA brauche es zudem einen Sprachnachweis. „Das ist ein standardisierter Test“, ergänzt Schmücker. Es seien ebenfalls Vorbereitungskurse nötig. Das alles koste zudem Geld. Auch sonst gebe es allerhand im Vorfeld eines Auslandsjahres zu regeln. Die Bewerber müssten sich einem Auswahlverfahren stellen, sich gegebenenfalls um Stipendien kümmern. Auch Dinge, wie die Vermietung des Zimmers während des Auslandsaufenthalts oder das Buchen der Flüge müssten organisiert werden.
Orientierungsprogramme in den USA sind verpflichtend
Sollte es wieder Gespräche für die benötigten Visa geben, wird der Andrang groß sein. Schließlich sind alle anderen Hochschulen und Universitäten in Deutschland genauso vom Visa-Stopp betroffen. Zweifel daran, ob mit einer Wiederaufnahme der Termine auch die Studierenden schneller zu der amtlichen Erlaubnis kommen, sind ebenfalls eingebracht: „Es ist zu befürchten, dass es dann neue Auflagen, zum Beispiel Angaben zu Social-Media-Profilen, gibt“, ergänzt Schnell.
Die Unsicherheit, ob es mit dem Auslandsjahr klappt, fällt nun auch mitten in eine Phase, in der die Studierenden eigentlich vollauf mit Klausuren und Prüfungen beschäftigt sind. Gleich im Anschluss beginnt dann Mitte August schon das Studium in den USA. Die Unis dort legen fest, wann die Austauschstudierenden beginnen, sagt Schmücker. Die Orientierungsprogramme seien dort verpflichtend. Jutta Schnell war kürzlich bei einer Konferenz. Dort hätten sich die amerikanischen Partner voll und ganz hinter die Austauschprogramme gestellt und sich sehr wertschätzend geäußert. Machen könnten sie freilich an der Situation nichts.
Und was passiert jetzt, wenn es trotz aller Bemühungen nicht mit den Visa klappt und das verpflichtende Auslandsjahr nicht angetreten werden kann? „Dann müssten wir das fünfte Semester verziehen“, sagt Schnell. Das Auslandsjahr werde dann ein Jahr später stattfinden. Eine schnelle Lösung erscheint unmöglich, schließlich sind die Auslandsplätze zum Beispiel an anderen europäischen Partnerhochschulen schon längst vergeben. „Da können wir niemanden neu verteilen“, sagt Schmücker. Die HfWU muss sich mit einer Situation arrangieren, die wohl kaum einer für möglich gehalten hätte. „So etwas hatten wir noch nie“, sagt Schmücker. Schnell ergänzt: „So etwas war undenkbar.“ Aber vielleicht gibt es ja doch noch für alle ein Happy End.