Saisonstart
Piraten entern das Naturtheater Grötzingen

Wild geht es zu in der neuen Spielzeit des Freilufttheaters Grötzingen. Gezeigt werden dieses Jahr die Stücke „Pippi auf den sieben Meeren“ und Robert Louis Stevensons „Die Schatzinsel“.

Szene aus "Die Schatzinsel". Foto: Naturtheater

Da steht es also auf der Freilichtbühne des Naturtheaters: Ein Schiff mit Mast, Steuerrad und Takelage. „Der Mast lässt sich sogar umlegen“, erzählt die Künstlerische Leiterin Kerstin Schürmann bei einem kleinen Rundgang. Auf dem Boden davor liegen einige grüne Streifen. Diese müssen noch in die Kulisse eingebaut werden. Jakob Daum, der gemeinsam mit Michael Mainzer für den Bühnenbau verantwortlich ist, ist gerade bei der Arbeit. Die Kulisse besteht aus grünen und braunen Dreiecken und sie bietet viele verborgene Winkel, was für einige Überraschungsmomente gut sein dürfte. „Wir sind fast fertig, haben aber auch noch ein paar Tage“, sagt Schürmann. Nervös ist wenige Tage vor der Premiere der beiden Stücke im Naturtheater niemand. „Das wird wieder eine Punktlandung“, sagt die Künstlerische Leiterin. Der Entwurf zum Schiff stammt von Otto Münzinger, dem früheren Rektor der Grundschule Linsenofen. Er hat es gemeinsam mit einem Team in die Tat umgesetzt. „Es ist sicherlich ein absolutes Highlight“, sagt Svenja Hasenberg, die im Naturtheater für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

80 Schönwetterplätze als Geheimtipp

Über mangelnden Besucherandrang kann das Naturtheater nach der schwierigen Corona-Zeit nicht klagen. „Im vergangenen Jahr waren es 24.000 Besucher, davor 25.000“, sagt Finanzvorstand Klaus Herzog, der viele Jahre Bürgermeister in Aichtal war. Früher sei man schon glücklich gewesen, wenn 20.000 Besucher gekommen seien. Die überaus positive Entwicklung scheint sich fortzusetzen. Die Nachfrage nach „Pippi auf den sieben Weltmeeren“ ist gewaltig. „Die Vorstellungen bis Anfang August sind ausverkauft“, sagt Hasenberg. Man überlege gerade, ob man Sondervorstellungen anbiete, ergänzt Schürmann. Eine mögliche Option seien aber bei jeder Vorstellung die zur Verfügung stehenden 80 Schönwetterplätze. Diese sind nicht überdacht, stehen aber auch für Kurzentschlossene zur Verfügung. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann vor der Fahrt nach Grötzingen dort anrufen. Auch für die Premieren habe man in diesem Jahr Karten in den freien Verkauf gegeben, ergänzt Hasenberg. Insgesamt wird es 14 Vorstellungen der „Schatzinsel“ (Premiere: 14. Juni) und 17 Pippi-Aufführungen (Premiere: 15. Juni) geben. Die einzige Pippi-Abendvorstellung steht am 15. August auf dem Programm. Zudem wird es drei Gastspiele geben: der Kabarettist Christoph Sonntag tritt am 4. Juli auf. Die Musical Night steht am 11. Juli auf dem Programm und das Sommernachtskonzert Help & Music zugunsten krebskranker Kinder in der Region am 18. Juli.

Für die Theaterstücke konnten wieder zwei Profis gewonnen werden. Die Esslinger Schauspielerin Marion Jeiter, die schon einige Stücke inszeniert hat und der studierte Kulturwissenschaftler Christian Müller, der freiberuflich als Regisseur arbeitet. Für Jeiter eine besondere Herausforderung, schließlich sind es rund 45 Darsteller, die bei „Pippi“ mitwirken. „Man muss da allen gerecht werden“, sagt sie und lobt ausdrücklich die „tolle Unterstützung“ durch Regieassistentin Karin Münzinger. Das Theater stößt damit an seine Kapazitätsgrenzen „Das Schminken vor der Aufführung ist auf die Minute terminiert“, sagt Schürmann. Zugleich müssten natürlich für alle Kostüme genäht werden. An Nachwuchs herrscht ohnehin kein Mangel. Viele Kinder spielen mit ihren Eltern mit. „Von zwei bis 60 Jahren ist bei Pippi alles dabei“, erklärt die Künstlerische Leiterin. Gesucht werden Mitspielerinnen und Mitspieler, die 30 Jahre und älter sind.

Unterschiedliche Piraten

Jeiter jedenfalls ist etwas traurig, dass sie mit der Premiere das Stück quasi an die Schauspielerinnen und Schauspieler übergibt. „Pippi ist für mich eine Heldin“, sagt Jeiter. Christian Müller spürt diesen Trennungsschmerz nicht, hat aber die Zusammenarbeit mit den Darstellern sichtlich genossen und hat eine besondere Beziehung zur „Schatzinsel“: „Ich habe die Geschichte als Kind auf einer Schallplatte gehört.“ Der Papagei im Buch hat es ihm angetan: „Deswegen hat er eine größere Rolle bekommen.“ Er hat sich auch näher mit dem Schriftsteller Robert Louis Stevenson befasst und ist erstaunt, dass ganz viele Bilder, die man heute mit Piraten verbinden, von ihm erfunden worden sind. Zwischen beiden Stücken gibt es viele Parallelen, aber auch Unterschiede, zum Beispiel was die Kostüme der Piraten betrifft. „Bei Pippi ist es die orientalische Variante, bei der Schatzinsel eher die klassische“, ergänzt Schürmann.

Pippi ist für Kinder ab vier Jahren gedacht, bei der Schatzinsel sind es eher zwölf Jahre. „Es fließt Blut und es ist laut“, sagt Müller. Im Laufe der Proben haben sich die beiden Stücke weiterentwickelt. Wie stellt man den Flug von Pippi, Annika und Tommy auf ihrem Bett in die Südsee dar? Die Theatermacher lösen das mit einer findigen Idee. Mehr soll noch nicht verraten werden.

Es ist wieder ein Gemeinschaftsprojekt

Wie immer sind die Aufführungen im Naturtheater wieder ein großes Gemeinschaftsprojekt, das von den zahlreichen Ehrenamtlichen getragen wird. Manch einer hat eine Doppelfunktion, viele Familien sind dabei. „Man muss nicht Theater spielen, um bei uns einen Platz zu finden“, sagt Hasenberg. Auch für die Bewirtung der Gäste müsse vor, nach und während einer Aufführung gesorgt werden. 69 Spielerinnen und Spieler sind in den Stücken dabei. Doch auch das Drumherum ist entscheidend für den Erfolg des Naturtheaters. So hat Constanze Gaißmaier das Bühnenbild entworfen, Simone Daum und Heike Pautkin die Kostüme. Die Koordination zwischen Nähstube und Kostümentwurf wurde von Franziska Borchers und Nina Rilli übernommen. Die Maske lag in der Verantwortung von Jule Kleinknecht und die Frisuren hat erneut Saskia Stumpf entwickelt. Die Musik für Pippi komponierte Magnus Reichel und Nils Edte erstmals für „Die Schatzinsel“.

Die Zukunft hat das Naturtheater auch im Blick. Noch in diesem Jahr soll die Technik mit Solarstrom gespeist werden, erzählt Finanzvorstand Herzog. Doch jetzt gilt erst einmal das Augenmerk auf die neue Spielzeit und da schreckt auch Regen die Darstellerinnen und Darsteller nicht ab: „Vielen ist ein Platzregen lieber als 35 Grad“, sagt Schürmann. Und auf Piraten trifft das sicherlich noch ein wenig mehr zu.

Infos

Die Freiluft-Saison dauert vom 14. Juni bis 24. August. Weitere Informationen dazu gibt es unter www.naturtheater-groetzingen.de. Hier finden sich auch mögliche Zusatztermine für „Pippi auf den sieben Weltmeeren“.