Forstwirtschaft
So wird der Wald fit für den Klimawandel

Baden-Württemberg will für den Wald weniger Geld ausgeben. Das hat auch Auswirkungen auf den Landkreis. Dabei tut die Forstverwaltung im Kreis schon viel, um den Wald zu stärken.

Mit 1,37 Millionen Hektar Waldfläche ist Baden-Württemberg nach Bayern das waldreichste Bundesland.  Foto: Carsten Riedl

Den Wald im Landkreis fit für den Klimawandel zu machen, ist eine langfristige Angelegenheit, die vom Forstamt schon seit mindestens drei Jahrzehnten vorangetrieben wird. „In den jüngeren Beständen sorgen wir frühzeitig dafür, dass möglichst viele verschiedene Baumarten als Risikostreuung an den künftigen Waldbeständen beteiligt sind und die jungen Bäume ausreichend Luft und Licht bekommen. Das ist wichtig, um eine große Krone und die dazugehörigen Wurzeln ausbilden zu können“, erklärt Cordula Samuleit, Forstamtsleiterin im Kreis Esslingen. 

 

Es gibt eher Baumarten, die mit den Umweltbedingungen kämpfen.

Cordula Samuleit, Forstamtsleiterin im Kreis Esslingen

 

Zudem nutze man kontinuierlich Holz aus alten Waldbeständen, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, von Schädlingen befallen zu werden oder Stürmen zum Opfer zu fallen. „Damit reduzieren wir das Risiko, dass ein Bestand schlagartig nicht mehr existiert und daraus dann viele Probleme für den Folgebestand entstehen“, sagt die Waldexpertin.

Tiefgreifende Schädigung

Ein weiterer Baustein ist die derzeit im Kreis laufende Bodenschutzkalkung, die Schäden aus den 1980er-Jahren abpuffern soll. Die damaligen vom Menschen verursachten Säureeinträge stören das Bodenökosystem bis heute tiefgreifend und erschweren den Bäumen damit, die Widerstandskraft für Witterungsschwankungen zu entwickeln, wie sie in den letzten Jahren aufgetreten sind.

Wie geht es dem Wald im Landkreis überhaupt? Der Wald, sagt Samuleit, sei in einem durchaus guten Zustand. Dennoch hat auch der hiesige Wald seine Herausforderungen: Die vorhandenen restlichen Fichten werden von Borkenkäfern nach wie vor gerne gefressen, die Eschen leiden massiv unter dem Eschentriebsterben, verursacht durch einen eingeschleppten Pilz. Die alten Buchen kämpfen mit den Folgen der heiß-trockenen Sommer, und auch die Eichen werden zunehmend Opfer verschiedener holzzerstörender Pilzarten. „Sie sehen, es gibt weniger Gebiete, die ‚super‘ oder ‚schlechter‘ aussehen. Es gibt eher Baumarten, die mehr oder weniger mit den aktuellen Umweltbedingungen kämpfen“, sagt Cordula Samuleit.

Indes, es gibt auch schlechte Nachrichten. Für den Wald in Baden-Württemberg soll es nämlich künftig weniger Geld geben. 14 Millionen Euro pro Jahr stehen zur Verfügung, um den Wald zu bewirtschaften und zu erhalten. 4,6 Millionen Euro weniger sollen es künftig sein. Dagegen laufen all jene Sturm, die sich mit dem Wald beruflich beschäftigen. So weist Hermann Eberhardt, Landesvorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und Vorsitzender des Forst-BW-Beirates, darauf hin, dass der Wald eine entscheidende Rolle bei der Abpufferung der Folgen des Klimawandels spielt. „Der Wald ist weit mehr als ein Rohstofflieferant. Er speichert CO₂, produziert Sauerstoff und dient als natürliche Kühlung an heißen Tagen“, sagt Eberhardt.

Im Landkreis gibt es zwar mit dem Sauhag tatsächlich auch Staatswald. Doch die meisten Waldflächen befinden sich in kommunalem oder auch privatem Besitz. Wirkt sich die Kürzung auch hierauf aus? Reinhold Mayer, Vorsitzender des Landeswaldverbands, erklärt, dass die mühsam erarbeitete Konzeption für den Naturschutz im Wald einen Finanzierungsbedarf von mehr als 20 Millionen Euro habe. 46 Fachstellen bei den Landratsämtern seien vorgesehen. „Doch es fehlen die notwendigen finanziellen Ressourcen“, sagt er. 

Eine der 46 Fachstellen für Waldnaturschutzmanagement ist seit 2023 im Stellenplan des Landkreises enthalten. Insbesondere geht es hier um die Natura-2000-Gebiete, die sich über Staatswald, Kommunalwald und Privatwald ziehen. Allerdings, so Samuleit, müsse diese Stelle durch das Land gegenfinanziert werden. Denn das Land habe diese Aufgabe an die Unteren Forstbehörden übertragen, die bei den Landkreisen angesiedelt sind.

Indes, aufgrund der engen Vorgaben zum Landeshaushalt wurden diese Mittel bislang nicht freigegeben. Daher konnte die Stelle beim Landkreis bisher nicht besetzt werden. Doch der Landkreis hat sich schon auf den neuen Mitarbeiter vorbereitet. Dem Manager für Waldnaturschutz wird ein Konzept an die Hand gegeben werden, das bei der Arbeit im Natura-2000-Waldgebieten besonders geschützte Arten und Lebensraumtypen berücksichtigt.

Lichtwaldprojekte am Albtrauf

„Innerhalb des Kreises wird von allen kommunalen Waldbesitzern, deren Besitzgröße dies zulässt, das vorsorgende Alt- und Totholzkonzept des Landes umgesetzt“, erklärt Cordula Samuleit. Es beinhalte kleinere stillgelegte Flächen, sogenannte Waldrefugien. Zusätzlich werden Baumgruppen dem natürlichen Verfall überlassen. Damit würden auch im Kommunalwald flächendeckend Trittsteinbiotope für spezialisierte Arten geschaffen und erhalten. Sie seien als Bindeglied zu den gro­ßen stillgelegten Flächen, beispielsweise Bannwälder oder Kernzonen des Biosphärengebiets Schwäbische Alb, zu sehen.

Darüber hinaus gibt es etliche spezielle Projekte, wie etwa Lichtwaldprojekte am Albtrauf, welche wärme- und lichtliebende sowie hoch spezialisierte Arten fördern, oder Hutewaldprojekte, die ebenfalls seltene und spezialisierte Arten unterstützen, die insbesondere auf den Lebensraum zwischen Offenland und Wald angewiesen sind.

„Auf der gesamten vom Landkreis betreuten Fläche werden die geschützten Arten in der Waldbewirtschaftung geschützt und gefördert“, erklärt Samuleit. Es gebe im Landkreis Esslingen eine überdurchschnittlich hohe Dichte an Biotopen und Schutzgebieten, was auch ein Indikator für die erfolgreiche forstliche Arbeit – auch beim Naturschutz – sei. „Sehr wichtig ist uns bei der alltäglichen Arbeit auch die stets gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem amtlichen und dem ehrenamtlichen Naturschutz im Landkreis“, sagt die Forstamtsleiterin.