Streit in Esslingen
Stadträte fühlen sich ausgebootet

Sechs Parteien und Gruppen wehren sich gegen den zusätzlichen Bürgermeisterposten in Esslingen.

Wünscht sich einen weiteren Stellvertreter an seiner Seite: Esslingens OB Matthias Klopfer. Foto: Roberto Bulgrin

Esslingen. Möglicherweise hatte sich die Mehrheit das anders vorgestellt, als sie eine Minderheit draußen vor der Tür stehen ließ: Im abgeschlossenen Kämmerlein hatten sich in Esslingen die vier großen Fraktionen gemeinsam mit Oberbürgermeister Matthias Klopfer darauf verständigt, einen fünften Bürgermeister zu installieren, sodass künftig jede der vier großen Fraktionen einen solchen stellt. Dabei wurden sechs Parteien und Gruppen offenkundig übergangen und nach übereinstimmenden Schilderungen vor vollendete Tatsachen gestellt. Dagegen gibt es inzwischen massiven Widerstand.

„Geldverschwendung“

Die Fraktionsgemeinschaften FDP/Volt, Die Linke/FÜR Esslingen und die Gruppe „Wir und Sportplätze erhalten“ lehnen den Vorschlag ebenso ab wie die AfD. Eine der zahlreichen Begründungen, das Ansinnen Klopfers und der vier Fraktionen zurückzuweisen: Geldverschwendung. Auch von „Selbstbedienungsladen“ ist die Rede.

Dabei kommt die Kritik mit doppelter Wucht. „Es geht nicht mehr nur um das Ob, sondern auch um das Wie“, betonte Rena Farquhar, Fraktionsvorsitzende von FDP/Volt. Sie kritisierte das Vorgehen von Oberbürgermeister Matthias Klopfer, der versucht habe, die insgesamt zwölf Stadträtinnen und Stadträte handstreichartig einzubeziehen, während in anderen Fraktionen bereits Diskussionen im Gange waren. „Dies widerspricht nicht nur den Grundregeln guter Zusammenarbeit, sondern auch der Gemeinde- und Geschäftsordnung. Deshalb haben wir juristische Unterstützung organisiert“, so Farquhar weiter. In anderen Worten: Die Ausgebooteten wollen sich juristisch beraten lassen. „Das Öffentlichkeits- und Transparenzgebot wird hier mit Füßen getreten“, so Farquhar.

Martin Auerbach, Vorsitzender der Fraktionsgemeinschaft Die Linke/FÜR Esslingen, ergänzte: „Die Methode ist für uns nicht neu. Ähnlich ging der OB bei seiner Idee vor, die Volkshochschule im Karstadt und die Bücherei in einem Modegeschäft unterzubringen. So kann man mit dem Gremium nicht mehr umgehen, und das wollen wir feststellen lassen.“

Nachdem sich die fünf Parteien und Gruppierungen FDP, Volt, Linke, FÜR und WIR gegen den fünften Bürgermeister ausgesprochen hatten, folgte am Wochenende auch die AfD. „In einer Zeit, in welcher dem Bürger immer höhere Steuern und Abgaben abgefordert werden – für eine immer schwächere Leistung der öffentlichen Hand – ist eine weitere Bürgermeisterstelle eine Unverfrorenheit“, sagte der Fraktionsvorsitzende Stephan Köthe. „Es zeigt, wie die Politik den Bezug zur Lebenswirklichkeit der Bürger verloren hat.“