Weinbau
Stammt der beste Weißwein Württembergs aus Linsenhofen?

Die Weine aus dem Hause Helmut und Hedwig Dolde stehen seit geraumer Zeit bei Kennern hoch im Kurs. Doch der Jahrgang 2023 toppt noch die bisher schon ausgezeichneten Kritiken.

Weingut Dolde Linsenhofen. Foto: Jürgen Holzwarth

Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, auch jeder Weintrinker hat so seine Vorlieben. Doch es gibt eben auch die Weinkritiker, deren Urteil weltweit Beachtung findet. Schon seit Jahren erhalten die Weine von Helmut Dolde, die er mit Unterstützung seiner Frau Hedwig, Familie und Freunden ausbaut, eine positive Resonanz. Dazu zählen Weinguides wie der Wine Advocate des amerikanischen Weinkritikers Robert Parker oder auch das renommierte österreichische Falstaff-Weinjournal. Seit wenigen Tagen sind die Bewertungen für den 2023-Jahrgang raus. „Wir haben eine Schippe draufgelegt“, sagt Helmut Dolde. Dass beide Weinguides zu sehr ähnlichen Ergebnissen kamen, habe ihn „total überrascht“. Für Dolde sind die Bewertungen eine „wichtige Standortbestimmung“. Die Ergebnisse decken sich auch mit Doldes persönlicher Einschätzung.

Saftige Rieslinge und Silvaner mit Tiefgang

Die Weine werden nach einem System beurteilt. Die Höchstpunktzahl sind 100 Punkte. 90 bis 94 Punkte bedeutet im Falstaff, dass es sich um Weine mit exzellenter Qualität und mit beachtlichem Reifepotenzial handelt. Alle 2023-Dolde-Weine fallen in diese Kategorie. Die „Alten Reben“ (Silvaner trocken) und der Braune Jura (Riesling trocken) kratzen mit 93+ sogar am oberen Rand. Ab 95 beginnt die absolute Weltklasse. Der Fass-1-Spätburgunder (2021) erhält eine 93. Das Urteil der Tester: Er erarbeite mit seiner Frau Hedwig saftige Rieslinge und mineralische Silvaner mit Tiefgang. Und weiter: „Der auf Entwicklung angelegte Spätburgunder imponiert mit punktgenau extrahierten Gerbstoffen“, heißt es weiter. Das Preis-Leistungs-Verhältnis sei exzellent.

Der Parker-Weinguide kommt zu ganz ähnlichen Schlüssen. Nach eigener Auskunft testet Weinkritiker Stephan Reinhardt die Weine aus Linsenhofen seit 20 Jahren. Die 2023 Weißweine landen zwischen 91 und 93+ Punkten. Die Hitliste führt hier der Riesling Brauner Jura gefolgt vom Silvaner Alte Reben an. Der Spätburgunder aus dem Jahr 2021 wird mit 90 Punkten bewertet. Der Kritiker lobt die Weine ausdrücklich. Er spricht sogar von den „klarsten, authentischsten und spektakulärsten Weißweinen in Württemberg“. Diese gebe es sonst nirgends in der Welt.

Dolde wacht genau über seine Weinreben in Linsenhofen und im Neuffener Tal. „Gesunde Trauben sind das A und O“, sagt Dolde. Es sei das Potenzial, aus dem man dann im Weinkeller schöpfen könne. Der pensionierte Bio- und Chemielehrer lässt keine Fort- oder Weiterbildung aus: „Ich versuche, da immer auf dem neuesten Stand zu sein.“ Und er weiß zu gut: Ein allgemeingültiges Rezept für sehr guten Wein gibt es nicht. „Jeder Jahrgang ist eine andere Herausforderung, sagt Dolde. Es ist eine Wissenschaft für sich, allein schon, dass die Trauben den richtigen Säuregehalt haben. Auch das kann Dolde beeinflussen. Der 23-Jahrgang sei einer der besten Jahrgänge in den vergangenen Jahrgängen gewesen. Was heißt das für den Weinjahrgang 2024, der ja mit Frost und Regen zu kämpfen hatte? „Die Menge wird kleiner werden, aber es lässt sich sehr gut an“, sagt Dolde. Doch es sind eben zwei völlig unterschiedliche Weine. Der 23er sei im gelbfruchtigen Bereich anzusiedeln, sagt Dolde. Die Aromen erinnerten an Birne, Aprikose, Mirabelle oder Mango. Der 24-Jahrgang gehöre hingegen zum grünen Spektrum. Apfel und Pfirsich geben da den Ton an. Da spiele auch der Lesezeitpunkt eine Rolle und der Reifegrad. „Es ist aber beides gut“, sagt Dolde.

Der Spätburgunder als „große Leidenschaft“

Für Dolde sind die Weine ohnehin eine Gesamtkomposition, die auch von den verschiedenen Juraböden und vom vulkanischen Boden profitieren, auf denen die Reben stehen. Das gebe es sonst nur auf einer kleinen Fläche im Markgräflerland und im Burgund. Was den Spätburgunder betrifft, hat er damals viel „herumprobiert“, sich fortgebildet und sich Expertise aus Frankreich geholt. Der „elegante und frische“ Spätburgunder sei eine „große Leidenschaft“ von ihm.

Doch bei allem Lob der Experten, der Familienbetrieb verliert nicht die Bodenhaftung. Dolde setzt weiterhin auf den direkten Kontakt zu seinen Kunden, darunter viele Stammkunden: „Das hilft auch bei der Qualitätssicherung“, sagt der Wengerter, der auch für manche Anregung der Konsumenten dankbar ist. Das Potenzial der Weine ist groß. Dolde würde gern noch mehr Stilrichtungen ausprobieren: „Das muss aber auch zum Jahrgang passen.“ An Ideen mangelt es ihm nicht. „Wenn ich nur 30 Jahre jünger wäre“, ergänzt der Weinkenner. Und das findet wohl nicht nur er schade.