„Schießhütte“
Startschuss für Neidlingens vorerst letztes Neubaugebiet ist gefallen

Bis zum symbolischen Baggerbiss für das Neubaugebiet „Schießhütte“ waren in Neidlingen viele Hindernisse zu überwinden. Jetzt hat die Erschließung begonnen, und es gibt Informationen dazu, wie viele Grundstücke in den Verkauf gehen und wann Bauherren voraussichtlich bauen können. 

Startschuss für das Baugebiet „Schießhütte“: Neidlingens Bürgermeister Jürgen Ebler setzte sich selbst in den Bagger.  Foto: Peter Dietrich

Das große Bauschild an der Ortsdurchfahrt steht, der erste Baggerbiss und die ersten Spatenstiche für das Neubaugebiet „Schießhütte“ sind getan. Sollten sich in den nächsten Wochen manche Betrachter der weiterhin unberührten Wiese fragen, ob das alles vorerst nur Bluff war: Das war es nicht, die Arbeiten haben tatsächlich begonnen. Allerdings ist zuerst die Veitstraße an der Reihe, eine der drei künftigen Zufahrten zum Neubaugebiet. Im Sommer folgt dann die eigentliche Fläche. Ob Bauherren dort ab Mitte 2026 oder eher erst Ende 2026 in Aktion treten können – diese Einschätzung hing davon ab, wen von den rund 40 Teilnehmern von Baggerbiss und Spatenstich man fragte.

Gutachten, Gegengutachten und Gerichtsprozesse

Über 20 Jahre lang wurde an diesem Neubaugebiet geplant, drei Bürgermeister hintereinander hatten sich mit dem Projekt zu befassen. Es gab Gutachten, Gegengutachten und Gerichtsprozesse bis hinauf zum Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Bürgermeister Jürgen Ebler blickte zurück bis in die Jahre 2001 und 2004. Weil ein Teil des geplanten Baugebiets im Vogelschutzgebiet lag, gab es damals eine detaillierte Untersuchung der Brutvorkommen. Im Jahr 2006 gab die Gemeinde Neidlingen zusätzlich eine Kartierung in Auftrag. Danach stand fest: Der geschützte Halsbandschnäpper wohnt nicht hier.

Durch eine Gesetzesänderung wurden die Streuobstwiesen im Verlauf der Planung unter einen höheren Schutz gestellt. Von insgesamt 19 Bäumen auf dem Gelände galten zwei als besonders wertvolle Habitatbäume. Der Naturschutzbund NABU ging mit rechtlichen Mitteln gegen das Baugebiet vor. Im Frühjahr 2024 erging das höchstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichtshofs, mit landesweiter Symbolwirkung, zugunsten der Gemeinde Neidlingen. Bürgermeister Ebler verlor keine Zeit: Dienstags gegen 16.30 Uhr ging das Urteil ein, am nächsten Morgen wurden die Bäume gefällt. Danach meldete sich nochmals das Regierungspräsidium wegen des nötigen ökologischen Ausgleichs. Diesen, das ergab ein Vor-Ort-Termin, hatte die Gemeinde bereits geleistet, im Verhältnis 1 zu 1,5 und mit dem Aufhängen von knapp 60 Fledermaushöhlen.

24 Grundstücke gehen in den Verkauf

Das Neubaugebiet ist rund 2,2 Hektar groß und umfasst etwa 30 Bauflächen. Das gesamte Gelände gehört der Gemeinde, doch sechs Baugrundstücke werden an die Alteigentümer zurückgehen. Die anderen etwa 24 gehen in den Verkauf. „Nein, ich verkaufe noch keine Bauplätze und ich weiß auch noch nicht, was es kostet“, versuchte Ebler, die Ungeduldigen zu besänftigen.

Die Planung des Geländes, sagte Manfred Mezger vom Planungsbüro mquadrat in Bad Boll, sei wegen der großen Höhenunterschiede gar nicht so einfach gewesen. „Aber wir haben auch 20 Jahre Zeit gehabt.“ In dieser Zeit wurde das geplante Baugebiet auch verschoben. Dadurch hat es nun drei Erschließungsstraßen, von denen eine direkt die Durchgangsstraße ist, komplett mit Bushaltestelle. In die Planung und Erschließung flossen insgesamt 3,2 Millionen Euro. „Das sind umgerechnet über 200 Euro pro Quadratmeter“, sagte Mezger. Zusätzlich investiert die Gemeinde rund 800.000 Euro in den Ausbau der Veitstraße. „Auf absehbare Zeit ist dies das letzte Baugebiet der Gemeinde“, sagte Mezger, denn Neidlingen sei von lauter Schutzgebieten umgeben.

Um den Baufahrzeugen die sichere Ausfahrt zu ermöglichen, werden auf der Durchfahrtsstraße Tempo 30-Schilder aufgestellt. Längst wird mit Hightech gebuddelt: Der Bagger hat ein GPS-Modul, die aktuelle Position und Höhe werden mit dem 3D-Modell des Geländes auf dem Bildschirm im Führerstand abgeglichen. So weiß der Baggerführer genau, wie tief er an einer Stelle noch zu graben hat. Das steuert er aber noch selbst. Auf den Bildschirm musste der Bürgermeister aber noch keine Rücksicht nehmen: Seinen ersten Baggerbiss platzierte er nach kurzer Einweisung nach Gefühl. Und mit großer Freude, dass es endlich so weit ist, nach über 20 Jahren.