Mit dem virtuellen Bauamt werden die baurechtlichen Verfahren konsequent digitalisiert – von A wie Antrag bis Z wie Zustellung der Baugenehmigung. Das spart Zeit, Geld und Nerven. Ist das tatsächlich so? Ja. Davon sind Esslingens Landrat Marcel Musolf und Staatssekretärin Andrea Lindlohr felsenfest überzeugt, nachdem sie sich bei einem Besuch im Amt für Bauen und Naturschutz des Kreises Esslingen über das Prozedere informiert hatten.
Seit März vergangenen Jahres müssen Bauherren, Architekten und Planer Baupläne direkt bei den unteren Baurechtsbehörden einreichen und nicht mehr, wie zuvor, bei der jeweiligen Gemeinde. Zuständig für die meisten der insgesamt 44 Kreiskommunen ist – mit Ausnahme der sechs großen Kreisstädte Esslingen, Leinfelden-Echterdingen, Ostfildern, Filderstadt, Nürtingen und Kirchheim (mit Dettingen und Notzingen) sowie Plochingen im Verwaltungsverband mit Altbach und Deizisau – das Landratsamt. Alle Verfahrensschritte, von der Antragsstellung über die Beteiligung von Behörden und die Bearbeitung des Vorgangs bis hin zur Bekanntgabe der Entscheidung, erfolgen inzwischen vollständig elektronisch.
„Es muss niemand mehr mit zig Mappen zu bestimmten Öffnungszeiten zum Amt laufen und dort Anträge in dreifacher Ausfertigung abgeben und unterzeichnen“, nennt Musolf die Vorzüge des digitalen Verfahrens. Auch der Postweg entfällt. Jetzt kann man von zu Hause aus und zu jeder Tageszeit alle Unterlagen über das Serviceportal Virtuelles Bauamt Baden-Württemberg (ViBa-BW) einreichen. Um Zugang zu erhalten, braucht man entweder eine Elster-Zertifizierung oder eine Bund-ID.
Planungsfehler frühzeitig erkennen
Auch für die Verwaltung wird es einfacher. Amtsleiter Stephan Blank verweist auf einen reduzierten Aufwand. „Für die Bearbeitung müssen keine Unterlagen mehr von einem Fachamt zum nächsten geschickt werden. Das geht nun alles papierlos.“ Alle im Verfahren zu beteiligende Akteure werden gleichzeitig in jeden Vorgang eingebunden statt wie bisher nacheinander im Umlauf. Das hilft, Planungsfehler frühzeitig zu erkennen.
Zudem ist der gesamte Prozess transparent, fügt er hinzu: Die Bauherren erfahren zum Beispiel auf einen Blick, wie der Stand der Bearbeitung ihres Antrages ist und ob sie gegebenenfalls Unterlagen nachreichen müssen. Sie können die Korrespondenz zwischen Architekten, Aufsichtsbehörden und Gerichten einsehen. Gibt es eine Nachfrage, kann das viel schneller als früher geklärt werden – die Kommunikation erfolgt wie in einem Chat. Das alles mache die Antragsbearbeitung für beide Seiten komfortabler. Mehr noch: „Wenn künftig auch die Vollständigkeitsprüfung automatisiert wird, dann wird sich der Genehmigungsprozess deutlich verkürzen.“
Schon jetzt komme die verpflichtende Onlineplattform gut an: In den ersten neun Monaten nach Einführung des virtuellen Bauamts sind im Esslinger Landratsamt 733 Bauanträge digital bearbeitet worden, bis Mitte Juni dieses Jahres stieg die Zahl auf 1155. Damit belegt der Landkreis einen Spitzenplatz im bundesweiten Behördenranking, nur die Stadt Mannheim hat mehr Verfahren (1222) abgeschlossen, teilt das Land mit.
„Lösung von der Stange“
Zurückzuführen sei die hohe Anzahl bearbeiteter Verfahren auf eine umfangreiche Vorarbeit innerhalb der Kreisverwaltung, die fast vier Jahre währte, betont Blank. Dass man schlussendlich doch auf eine „Lösung von der Stange“ gesetzt habe, statt eine eigene Plattform zu entwickeln, sei aber die richtige Entscheidung gewesen. „Digitalisierungsprozesse scheitern nicht selten, wenn man versucht, über Jahrzehnte praktiziertes Verwaltungshandeln eins zu eins zu übernehmen“, sagt der Amtsleiter.
Das virtuelle Bauamt zeigt: „Digitalisierung und Entbürokratisierung gehen Hand in Hand“, unterstreicht die zuständige Staatssekretärin. „Das Landratsamt Esslingen hat diese Umstellung von Anfang an mit großem Engagement vorbildlich umgesetzt“, lobt Lindlohr.

