Der Fall Zimmermann zeigt den Kampf im Petitionsausschuss mit Grenzfällen
„Uns ist das Kind nicht egal“

„Ich gehe fest davon aus, dass sich Kollege Zimmermann nicht strafbar gemacht hat!“ So kommentiert Nikolaos Sakellariou, Berichterstatter im Petitionsausschuss, das laufende Ermittlungsverfahren gegen den CDU-Landtagsabgeordneten.

Kirchheim. Bekanntlich hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Karl Zimmermann eingeleitet wegen des Verdachts auf Anstiftung oder gar Beihilfe zur Entziehung Minderjähriger. Der Abgeordnete soll einer Kirchheimer Mutter, die mit ihrem australischen Noch-Ehemann um das gemeinsame Kind rang, zum Untertauchen geraten und vielleicht sogar ihren Aufenthaltsort gekannt haben.

Der Esslinger SPD-Abgeordnete und Landtagsvizepräsident Wolfgang Drexler hat als Landtags-Urgestein selbst jahrzehntelange Erfahrung im Petitionsausschuss. Auch an ihn hat sich die Mutter seinerzeit gewandt, er hatte ihr zur Petition geraten. Zwar sei das Ganze ein Grenzfall gewesen, doch habe man einstimmig im Ausschuss die Aussetzung der Vollziehung des Gerichtsbeschlusses erbeten, wonach das Kind nach Australien ausgeliefert werden sollte. Doch die Entscheidung war bereits gefallen. Auch zur vom Ausschuss erhofften Mediation kam es nicht. Dass nun ein Ermittlungsverfahren gegen Zimmermann läuft, bezeichnet Drexler als sehr ungewöhnlich. „Die Frage ist jetzt: Was hat er wem erzählt?“, fasst er zusammen und betont: „Mir hat er immer gesagt, er wisse nichts.“

An gegenteilige Äußerungen kann sich beispielsweise Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-­Heidecker erinnern, als sie „unter dem Türrahmen“ von Zimmermann über den Fall informiert wurde. Die Juristin sieht sich als Stadtoberhaupt jedoch eher in der Rolle der Beobachterin. Zimmermann hingegen empfindet Äußerungen dieser Art als „öffentliche Zeugenaussage“. „Ich habe nichts Strafbares gemacht“, betont er, über ihn seien „nur die Kontakte gelaufen“. Nach Vorliegen des Vollstreckungsbeschlusses, das Kind dem Vater zurückzugeben, habe er nie mehr nach dem Aufenthaltsort von Mutter und Kind gefragt.

„Diese Petition ist eine absolute Sondersituation“, erläutert Nikolaos Sakellariou. Der Schwäbisch Haller Anwalt und SPD-Mann ist in diesem Fall Berichterstatter im Petitionsausschuss. Üblicherweise sei der Ausschuss Mittler zwischen Einzelpersonen und dem Staat. Hier aber stünden sich zwei Zivilpersonen gegenüber, eigentlich handle es sich um ein familiengerichtliches Verfahren. Dass sich der Petitionsausschuss dennoch einstimmig für die betroffene Mutter stark gemacht hat, habe internationalen Signalcharakter: „Wir wollen zeigen: Uns ist das Schicksal dieses Kindes nicht egal, wir haben ein Auge drauf.“ Im Übrigen sei die Frau „perfekt anwaltlich beraten“ gewesen, betont Sakellariou.

Natürlich könne sich grundsätzlich auch ein Mitglied des Petitionsausschusses strafbar machen. Das wäre beispielsweise dann der Fall gewesen, wenn Zimmermann Mutter und Kind versteckt hätte. Das schließt der SPD-Vertreter aber komplett aus – schon aufgrund der Erfahrung und der beruflichen Vorbildung seines Kirchheimer Petitionsausschuss-Kollegen. Nun sei erst mal abzuwarten, was die Zukunft bringt. Das Verfahren könnte eingestellt werden, es könnte aber auch zur Anklage kommen. Hinter der Strafanzeige gegen Zimmermann dürften auf jeden Fall auch handfeste finanzielle Interessen stecken.

Karl Zimmermann, dessen Immunität aufgehoben ist, sieht in dem Ermittlungsverfahren historische Dimensionen: Üblich seien derartige Verfahren gegen Abgeordnete beispielsweise wegen Beleidigung oder Körperverletzung. „Hier wird erstmals ein Ermittlungsverfahren gegen einen Abgeordneten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Abgeordneter geführt“, ereifert sich der 61-Jährige. Er hat unterdessen um Akteneinsicht ersucht, bislang allerdings vergeblich. Außerdem will er heute vor der CDU-Landtagsfraktion Rede und Antwort stehen. Dies tue er gern, sei er sich doch wahrlich keiner Straftat bewusst.